Abdankung César Keiser, Grossmünster, 12. März 2007
Rede des Stadtpräsidenten Elmar Ledergerber
Liebe Frau Margrit Läubli,
lieber Herr Mathis Keiser,
lieber Herr Lorenz Keiser,
liebe Freundinnen und Freunde von César Keiser
meine Damen und Herren,
Wir nehmen heute Abschied von einem aussergewöhnlichen Menschen. César Keiser vereinigte ganz verschiedene Begabungen in sich. Auf der Bühne war er ein hinreissender, beschwingter Komödiant mit grosser Ausstrahlung. Und gleichzeitig war er ein virtuoser Verfasser seiner Cabaretnummern, sei es in Dialekt oder Hochdeutsch, gereimt oder in Prosa. Die Figuren seines Theaters waren so beeindruckend, weil er sie meist als hilflos oder überfordert zeichnete, ohne aber ätzendem Hohn preiszugeben. Wir erlebten bei ihm Satire auf höchstem Niveau.
César Keiser kam als ganz junger Mann von Basel nach Zürich, der Metropole des Schweizerischen Cabarets, wie man wohl ohne Übertreibung behaupten darf. Diese Metropole nährte sich aber immer von künstlerischen Kräften aus den anderen Landesteilen. Neben César Keiser kamen Ruedi Walter, Lukas Ammann und Werner Wollenberger aus Basel. Aus der Ostschweiz stammen Walter Roderer, Ines Torelli und Joachim Rittmeier, aus dem Bündnerland Zarli Carigiet und Hans Gmür, aus Bern Stephanie Glaser, aus Luzern Emil Steinberger und aus dem Raum Solothurn Franz Hohler: Die Liste liesse sich beliebig verlängern.
Nach ersten Jahren im legendären Cabaret Federal ging César Keiser eigene Wege und fand die ihm gemässe Theaterform, der er sich nun zeit seines Lebens widmen sollte: die Opus-Programme. Es waren delikate, unvergessliche Duette: An seiner Seite spielte seine Gattin Margrit Läubli, und sie war eine ideale Bühnenpartnerin. Was leicht und elegant daherkam, war die Frucht minutiös erschaffener Inszenierungen. César Keiser und Margrit Läubli waren Perfektionisten und überliessen nichts dem Zufall oder der Improvisation. César Keiser zog sich wochenlang in die Klausur zurück, um an seinen Texten zu feilen. Auf den Proben wurden diese dann unerbittlich auf ihre Bühnentauglichkeit geprüft. Sein Publikum verlor César Keiser nie aus den Augen. Es gab für ihn auf der Bühne keine Effekte im Sinne von «L'art pour l'art». Man blieb bewusst gewissermassen en famille. Neben den beiden Protagonisten wirkten im Hintergrund immer wieder die beiden Söhne als kritische Berater. Nicht zu vergessen auch der langjährige musikalische Begleiter René Gerber.
Die Opus-Produktionen haben das kleine Theater am Hechtplatz nicht nur über Jahrzehnte hinweg nachhaltig geprägt, César Keiser stand dem Hechtplatz-Theater auch in schwieriger Zeit stets zur Seite. Als der Stadtrat in den Neunzigerjahren eine Arbeitsgruppe beauftragte, die Zürcher Theaterlandschaft unter die Lupe zu nehmen und die Experten dabei zum Schluss kamen, das Hechtplatztheater sei eigentlich überflüssig und könnte als Probenraum oder kleines Haus ins Schauspielhaus integriert werden, war César Keiser schnell zur Stelle und handelte rasch und entschlossen. Zusammen mit Franz Hohler und Kaspar Fischer mischte er sich bei der öffentlichen Präsentation der Schlussfolgerungen im Musiksaal des Stadthauses unter das Publikum. Mit lammfrommen Mienen hörten sich die drei Verschwörer die Referate an. Kaum waren diese zu Ende, schnellten sie von ihren Sitzen auf und setzten zu einem leidenschaftlichen, saftig kabarettistisch gewürzten Plädoyer für den Erhalt des Hechtplatztheaters an. Von den damaligen Plänen hat man seither nie mehr etwas gehört, und das kleine Theater am Hechtplatz ist lebendig wie eh und je. Trotzdem: Jetzt wo César Keiser fehlt, wird es nie mehr ganz dasselbe sein!
Als ich César Keiser persönlich kennen lernte, war er kein junger Mann mehr. Er war eine Erscheinung von fragilem Charme; gesundheitliche Probleme blieben ihm nicht erspart. Doch wenn er mit Margrit Läubli auf die Bühne trat, um mit seinen Texten sein Publikum zu erfreuen und zu begeistern, war er ganz der grosse Künstler, und sein bubenhaftes Lächeln entzückte die Anwesenden Mal für Mal.
César Keiser engagierte sich auch in der von Dr. Hans Vontobel ins Leben gerufenen Stiftung Kreatives Alter. Diese prämiert Arbeiten älterer Menschen aus den Bereichen Belletristik, Lyrik, Theater, Geschichte, Wissenschaft und Autobiographie. Zudem verfasste er Publikationen zu jenem Thema, das niemand so gut kannte wie er: Die Geschichte des Cabarets. Bereits 1976 hatte er für das Helmhaus eine Ausstellung darüber produziert.
Ich bezeichnete eingangs César Keiser als aussergewöhnliche Persönlichkeit. In der Tat scheint es kaum möglich, jemanden zu bezeichnen, der Vergleichbares geleistet hat. Man muss vielleicht zurückgehen ins frühe neunzehnte Jahrhundert: Ich denke an den in Basel geborenen Dichter Johann Peter Hebel. In seinem «Schatzkästlein» vereinigt er Dutzende von kurzen Geschichten, in denen einfache oder pfiffige Menschen zu kleinen Helden des Alltags werden. Neben dieser Prosa stehen die wunderbaren «Alemannischen Gedichte» voller feinstem Humor und leiser Traurigkeit. Basel ist zu beneiden um das Gedicht, das Hebel dieser Stadt widmete und das zu einem volkstümlichen Lied geworden ist:
Z'Basel a mym Rhii
Jo, dert mecht i sii
Liest man die Hebels Texte, muss man unweigerlich immer wieder an César Keiser denken. César Keiser ist seiner Vaterstadt ja zeitlebens anhänglich geblieben. Zugleich war er überzeugter Zürcher. Zürich wurde auch zu seiner zweiten Heimat, und er hat dieser Stadt viel geschenkt. Dafür sind wir ihm unendlich dankbar.
César Keiser liebte ein Adjektiv besonders: heiter. Viele seiner Briefe endeten mit «heiteren Grüssen». Heute ist zwar ein trauriger Tag. Trotzdem wollen wir alle hoffen, dass seiner Familie und uns allen César Keisers unvergleichliche Heiterkeit erhalten bleibt.
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